Meine Seite heisst Wabi Sabi. Viel zu selten schreibe ich etwas dazu. Heute also wieder:

Weisst du noch, was du für „Kunstwerke“ in der Grundschule kreiert hast? Im Grunde genommen hatte das Wabi Sabi Qualitäten, nicht perfekt, meist unvollständig und oft nur vorübergehend.

Asymmetrie, Rauheit, Unregelmässigkeit, Einfachheit, diese Wabi Sabi Eigenschaften passen auch zur Natur. Kommen von der Natur. Das sind auch in jedem Mensch vorhandene Qualitäten, jedoch solche die wir versuchen zu überspielen und zu verstecken. Meist.

Zu der Wabi Sabi Welt im nicht Sichtbaren gehören auch Sanftmut, Mitgefühl, Demut oder Beschränkung. (vor allem Letzteres ist in unserer Kultur keine besonders geliebte und gelebte Eigenschaft, ein Kapitel für sich.)

In seiner vollen Bedeutung ist Wabi Sabi eine Lebensform. Ein Lebensgefühl. Ganz einfach der volle Ausdruck des Lebens.

Da sein. Aufmerksam. Nachsichtig mit allem was ist, wie es ist. In erster Linie mit sich selber.

Denn: Es hat absolut alles, absolut jeder, einen Spalt. Irgendwo. Zum Glück, denn nur so kann Licht reinkommen.

Und diesen Spalt, die vielen Furchen und Unregelmässigkeiten, das Unschöne und meist Unerwünschte, gilt es grosszügig anzunehmen. Annehmen, was und wie es gerade ist. Und es nicht oberflächlich zuzukleistern. Ohne zu versuchen, wegzuschauen und mit Aktivismus den Spalt rasch zu überfliegen.

Denn das wäre wie bei kleinen Kindern, die ihre Augen zudecken und dann meinen, das Unerwünschte sei verschwunden und auch die anderen würden es nicht mehr sehen. Dass dies ein Trugschluss ist, ist uns klar und ist sogar amüsant. Im Fall der Unwägbarkeiten in unserem Leben verdecken wir auch unsere Augen und merken es oft nicht.

Das hilft vielleicht vorübergehend und man fühlt sich einen kurzen Augenblick wieder besser. Das funktioniert jedoch so nicht. Der Spalt bleibt. Der ist ja da, um uns die Möglichkeit zu geben, genauer hinzuschauen und das Leben in seiner vollen Kraft zu geniessen.